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Wie kann ich es wagen glücklich zu sein?

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Diese Zeitqualität ist auf vielen Ebenen sehr herausfordernd. Für die Welt, für viele von uns, für mich. Und so saß ich an einem Sommertag vor einem Jahr an einem Strand in Griechenland. Mit gebrochenem Zeh und abgesplitterten Nagellack – ein perfekt äußeres Symbol für die innere Misere, in der ich mich befand. Und trotzdem, in diesem Ganzen gab es dennoch einen Ort des Glücks, von frei und leicht.

Wieder eine Plastikfolie im Meer. Ich fische sie raus, beachte sie nicht weiter und lege sie auf den Haufen anderer Plastikstücke, die wir bereits gesammelt hatten. Später fällt mir auf: Das, was da liegt, ist eine Glassichtfolie mit Papier darin. Ich schaue nach. Es ist eine Passkopie! Ein Mann, ein paar Jahre jünger als ich, ein Ort in Syrien.

Worte verlieren ihre Bedeutung. Sprachlosigkeit. Betroffenheit.

Wie kann ich es wagen Urlaub zu machen?! Wie kann ich es wagen Momente des Glücks zu fühlen?! Wie kann ich es wagen meine Themen als herausfordernd zu bezeichnen, darüber erschöpft oder traurig zu sein?!!! Wie können Menschen es wagen zu feiern? Sich etwas auszumalen, zu träumen??

Gedanken kommen. Gehen.

Was ist mit Gaza, Tibet, den Uiguren, Nordkorea, Iran, was mit Malaysien, Afghanistan, was geschieht in vielen afrikanischen Staaten, Kriege, Folter, Hunger, Waffen…

Ich weiß, ich mache mit diesem Beitrag ein Fass auf und ich weiß auch, dass es bereits so belastend ist, dass wir nicht noch mehr darüber hören und lesen wollen. Vielleicht vor allem nicht an dieser Stelle!? Wer bin ich zu glauben darüber schreiben zu dürfen? Und doch. Darf ich fragen. Dürfen wir in Diskurs gehen. Dürfen wir unsere Stimme erheben. Wir müssen. Jetzt. Ohne Ausnahme und in unseren Möglichkeiten.

Ich frage: Hilft es jemandem, wenn ich mir befehle, „sei dankbar!“ Im Angesicht des Leides dieser Welt? Hilft es jemanden, wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen, messen, wer von uns mehr oder weniger, richtig oder falsch informiert ist? Mehr oder weniger Mitgefühl hat?

Ein Problem dieser Zeit ist die Trennung unserer Gesellschaft. Die Ausgrenzung. Die Meinung, dass jemand mehr oder weniger weiß, leidet, Anrecht hat, sich zu beschweren. Gegenseitiges Diffamieren, sich über andere erheben. Dass wir nicht mehr fragen dürfen oder uns öffentlich Gedanken machen, ohne vom Mob gelyncht zu werden. Am Ende geht es doch um uns selbst an erster Stelle!

Der grönländische Schamane Angangaaq sagte bei seinem Seminar in Seeham: „Die größten Kriege dieser Welt passieren in uns!“

Und viele reihen sich ein… „As you are so is the world” von Ramana Maharshi und „We but mirror the world.” von Mahatma Gandhi

Wieso also zeigen wir mit dem moralischen Finger auf andere Menschen? Wenn wir uns selbst nicht kennen, nicht fühlen, wie sollen wir Mitgefühl für andere haben? Wenn wir uns selbst nicht helfen können, wie wollen wir einen Beitrag für Frieden in der Welt leisten?

Wir versuchen es alle irgendwie. Jede:r in eigener Wahrheit, jede:r im eigenen Schmerz.

Und für einen Moment.
Wie kann ich es wagen glücklich zu sein?
Wie kann ich es wagen nicht glücklich zu sein?

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